Vom Leben und Treiben der Gerta B.

- 74. Folge -

Wenn Gerta B. am Klavier saß, war sie eine andere. Sie verzauberte sich, sie verwandelte sich in ein musikalisches Subjekt, aß nichts mehr, kannte nichts als Musik, keine Pellkartoffel, keine Bügelwäsche und keine Zeitung, nur noch Musik.
Dabei gab es kaum etwas, was schwieriger wäre als das Klavierspiel. Man mußte nämlich gleichzeitig mit dem linken Daumen und dem rechten Kleinfinger anschlagen, und bei beidhändigen Tonleitern musste man die Hände gegenläufig - also rechts von Kleinfinger bis Daumen und links Von Daumen bis Kleinfinger - über die Tasten laufen lassen. Das widersprach jeder menschlichen Wirklichkeit, das war gerade so, als müßte man bei jeder Begrüßung den armen Mitmenschen stets beidhändig die Hände schütteln und darüberhinaus auch noch die Linke - oder bei Linkshändern auch die Rechte - dergestalt verdrehen, daß der Daumen nach unten wies.
Aber Gerta B. ging mit gewohnter Entschlossenheit ans Werk. Sie biß im Takt die Zähne zusammen und übte und übte, bis das Unmögliche gelang, bis die Finger gehorchten und lauter Wohlklang aus den Tasten quoll.
Und voller Staunen blickte Gerta B. in die schöne Welt der Töne.
Das wars für heute, diesmal aus der Abteilung "Kultur". Das nächste Mal werden wir eine unbezifferte Folge aus der unendlichen Serie "Gesundheit" zum besten geben. Versäumen Sie nicht unsere Geschichten voll atemberaubender Spannung, versäumen Sie nicht die nächste Folge von

Vom Leben und Treiben der Gerta B.